Wir, die Liberale Hochschulgruppe und die Liberalen Schüler Schleswig-Holstein, lehnen die von Bundespräsident Steinmeier und verschiedenen Unionspolitikern vorgeschlagene Dienstpflicht vehement ab.
Wir sind enttäuscht, dass nach zwei Jahren Entbehrungen jungen Menschen nun ein weiterer Vorschlag unterbreitet wird, wie sie unter dem Deckmantel vermeintlicher Solidarität weitere Teile ihres Lebens der Selbstbestimmung entzogen bekommen.
Die allgemeine Wehr- oder Dienstpflicht wurde im Jahr 2011 ausgesetzt. Verschiedene Expertenstimmen, allen voran der Generalinspekteur der Bundeswehr, Eberhard Zorn, lehnen eine Neuauflage des Instrumentes Wehrpflicht ab. Sie begründen dies vor allem mit dem nachvollziehbaren Argument, ungelernte und eventuell unmotivierte Wehrpflichtige könnten der Bundeswehr bei ihren aktuellen Herausforderungen nicht behilflich sein, viel mehr könnten sie benötigtes Personal binden. Für die aktuelle Krisenlage ist eine solche Wehrpflicht ohnehin kein geeignetes Mittel, da die Einführung einer solchen eine beträchtliche Zeit in Anspruch nehmen würde.
Gleiches gilt für eine solche Pflicht im sozialen Bereich und für eine Kombinierung beider Optionen. Viele der betroffenen Berufsgruppen sind solche, die eine langjährige Ausbildung erfordern. Ungelernte und teils unmotivierte Sozialdienstpflichtige sind dafür nicht geeignet und könnten in der Praxis eher im Wege stehen. Des Weiteren droht aufgrund größtenteils miserabler Bezahlung der Dienstpflichtleistenden eine Ausweitung sozialer Probleme und des Niedriglohnsektors.
Der Vorschlag des Bundespräsidenten für eine allgemeine Dienstpflicht (nicht Wehrpflicht) wurde in der vergangenen Wahlperiode vom wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages wie folgt kommentiert:
„Die beiden Dokumente zeigen auf, dass unions- und völkerrechtlich sehr enge Grenzen gesetzt sind, wenn von der verfassungsrechtlichen Gestaltungsoption durch den deutschen Verfassungsgeber Gebrauch gemacht werden würde. Diese lassen wohl kaum Raum für die bisher bekannten Überlegungen zu einer allgemeinen Dienstpflicht.“ (Quelle)
Somit sind auch rechtliche Bedenken gegen die allgemeine Dienstpflicht angebracht.
Die junge Generation hat in den vergangenen Jahren viel ihrer Lebenszeit aus teils guten Pandemiegründen gegeben, um vorrangig eine andere Generation vor einem Virus zu beschützen. Dieser Generation nun in Aussicht zu stellen, einen teils definierten, teils undefinierten Teil ihres Lebens gezwungenermaßen in den Staatsdienst zu stellen, ist nicht hinnehmbar und braucht eine klare liberale Gegenstimme.
Wir begrüßen daher ausdrücklich die klaren Gegenstimmen vonseiten der Bundesregierung, insbesondere der Bundesbildungs- und Familienministerin, sowie das gemeinsame Nein verschiedener parteipolitischer Jugendorganisationen, so auch der Jungen Liberalen. Bedauerlich ist, dass die SPD es nicht vermag, eine eindeutige Gegenstimme des maßgeblich von ihnen unterstützten Bundespräsidenten zu sein.
Im Ergebnis bleibt zu sagen: Eine allgemeine Dienst-/Wehrpflicht oder eine
wie auch immer geartete Kombination aus beiden löst keine Probleme, hilft in der aktuellen Krisensituation nicht und ist ein massiver Eingriff in die Gestaltung des eigenen Lebens für junge Menschen. Deswegen lehnen wir diesen Vorschlag klar ab.